Wappen Rothneusiedl

[ Wappen Rothneusiedl ]

Am Grat zwischen Stadt und Land, Bauernhof und Acker, Wien und Niederösterreich. Im Schatten der Großstadt wird hier gepflügt und abseits von Lärm und Hektik gelebt. Dem gegenüber steht die Notwendigkeit der Stadterweiterung Wohnraum für die stark wachsende Bevölkerung Wiens zu schaffen. Dieser soll jedoch gemeinsam mit den Bewohner*innen des Gebiets entstehen, die sich ihre historisch gewachsenen dörflichen Strukturen erhalten wollen.

Der Ort Rothneusiedl hat gerade in den letzten Jahrzenten große Veränderungen erfahren. Neue Wohnsiedlungen entstanden und so manches Alte droht endgültig in Vergessenheit zu geraten. Dr. Franz Pilshofer hat 1991 sein Wissen festgehalten und darüber hinaus, alle historischen Überlieferungen in seinem Heft „Rothneusiedl – ein Blick in die Vergangenheit“ gesammelt.
Die Bezeichnung „siedl“ (= Siedlung) deutet darauf hin, dass der Ort als Ansiedlung in der Nähe des Meierhofes, vermutlich im 12. Jahrhundert, entstand. Bis zur Türkenbelagerung Wiens (1529 und 1683) führte der Ort nur die Bezeichnung Neusiedl. Nach der Errichtung der ersten Ziegeleien auf dem Wiener- und später auch auf dem Laaerberg scheint sich die heutige Bezeichnung „Rothneusiedl“ eingebürgert zu haben. (Dr. Franz Pilshofer, 1991 „Rothneusiedl – ein Blick in die Vergangenheit“)

In alten Urkunden wird immer von einem „festen Gesloß“ gesprochen, also muss dieses für eine Verteidigung gerüstet gewesen sein. Um diesen Meierhof siedelten sich allmählich Leute an, die vermutlich zum Großteil auch dort beschäftigt gewesen sein dürften.

Damals gab es als Verkehrswege nur die Oberlaaerstraße nach Inzersdorf und die heutige Laaerbergerstraße nach Wien. Im 13. Jahrhundert war der Ort im Besitz des Herren von Laach (Oberlaa).

Ab 1775 hatte Maria Theresia die Ziegeleien an den Südrand der Stadt verlegen lassen. Der Ort dürfte wohl seinen Namen von der rötlichen Farbe des Lehmbodens ableiten.

Richtung Hennersdorf und Leopoldsdorf gab es damals große Sümpfe, in denen besonders nach Regenperioden, oft Leute umkamen. So geht die Entstehung der Fieberkapelle auf ein Gelöbnis des Dechanten Canze aus Laxenburg zurück, der im Jahre 1709 beinahe mit Roß und Wagen darin versunken wäre.

1775 kam es zur Gründung der Wienerberger Ziegelei, später der vereinigten Ziegelfabriken am Laaerberg. An der Himbergerstraße oberhalb des Ort Rothneusiedl lag ein Ziegelwerk, das nach seinem Eigentümer Josef Rimböck der „Rimböckofen“ genannt wurde.

Im Revolutionsjahr 1848 bezog das Ersatzheer des Freiherrn von Jellacic zweimal in Rothneusiedl, vermutlich im Schloss, Quartier und musste verköstigt werden, was eine nicht unwesentliche Belastung war. Hier unterzeichnete er seinen antirevolutionären „Aufruf an die Österreicher".

[ historischer Plan 1872 ]

Die heutige Rosiwalgasse war nur ein Feldweg, der bei regnerischen Wetter für schwere Fuhrwerke unpassierbar war. Die Ortsobrigkeit von Oberlaa war zu Beginn des 19. Jahrhunderts die Herrschaft Rothneusiedl.

1852 ging die Herrschaft Rothneusiedl an den Grafen Bernhard von Rechberg Löwenhaupt, Gesandten und Minister, über.

Zwischen 1870 und 1873 arbeiteten bereits über 2.000 Menschen, unter oft katastrophalen Arbeitsbedingungen, in den Ziegelein. Neben dem Werk wurden Massenunterkünfte für die Arbeiter errichtet.

In der Topographie von Niederösterreich aus dem Jahre 1915 heißt es

„1795 hatte Rothneusiedl 20 Häuser, 1832 21 Häuser mit 104 Einw., 1855 22 Häuser mit 120 Einw., 1870 27 Häuser mit 246 Einw., 1880 30 Häuser mit 405 Einw., 1900 35 Häuser mit 501 Einw.“

also eine langsame stetige Zunahme der Bevölkerung.

Neben der Gutspachtungen gab es in Rothneusiedl noch folgende Landwirte: Dachler, Gugumuck, Paar, Raffel, Reigl, Schulz, Wildenauer und Wieselthaler. Der Viehbestand betrug 1900 81 Pferde, 213 Rinder (hauptsächlich Gutsherrschaft) sowie 95 Schweine.

Die Rothneusiedler Bewohner treiben kleinen Markhandel und finden in den nahen Fabriken und Werken Beschäftigung. Die Gutsherrschaft zieht aus ihrem Milchhandel besonders mit bereiteter Kindermilch (System Backhaus) Vorteile.

1874 ist Holzhändler Moritz Hirschl Besitzer der Herrschaft Rothneusiedl. Dieser reichte im Jahre 1881 einen Bauplan zur Erbauung eines ebenerdigen Kuhstalls samt Nebengebäude ein, die an der Südseite der jetzigen Rosiwalgasse gelegen, also unser heutiger Gutshof. Ob der Bau noch unter Moritz Hirschl oder schon unter seinen Nachfolger Robert Herzfeld zur Ausführung kam, ist nicht mit Sicherheit festzustellen. 1885 erwarb jedenfalls Ziegelwerksbesitzer Robert Herzfeld das Gut und ließ im Jahre 1891 einen Plan zur Aufstockung des Gebäudes für einem 1. und 2. Stock mit Schüttboden und Dienstwohnungen anfertigen, der dann verwirklicht wurde, sodass der Gutshof seit dieser Zeit seine heutige Form erhalten haben dürfte.

Nach Herzfelders Tod 1907 verpachten seine Erben das Gut an Hans Bodek und später an Dipl. Ing. Jaro Hascha, nach dessen Ableben sein Sohn Dipl. Ing. Rudolf Hascha die Gutsleitung übernahm.

1965 wurde die Viehhaltung beendet. 1980 übernahm der Sohn, Rudolf Hascha den Betrieb und begann 1987 mit der Umstellung auf biologischen Landbau mit Schafen, Hühnern, Getreide- und Gemüseanbau. Als raumprägendes Element steht heute noch der ehemalige “Hascha-Hof” im Zentrum des Ortes. Hier befand zwischen 1987 und 2014 das größte Selbsternteprojekt Wiens. Gegenüber befindet sich der Gugumuck-Hof mit angeschlossener Schneckenzucht.

2017 wurde die U-Bahnlinie U1 bis nach Oberlaa verlängert. Dies bringt nun enormes Entwicklungspotential in dieses Gebiet. Mit der U1 ist die Wiener Innenstadt innerhalb 15 Minuten erreichbar. Strategisch wurde bereits eine U-Bahn-Gabelung im Bereich der Station Alaudagasse errichtet, um künftig abwechselnd Rothneusiedl oder Oberlaa anzufahren. Die Verlängerung nach Rothneusiedl ist jedoch noch nicht geplant und hängt von der weiteren Stadtplanung ab.


siehe auch:
https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Rothneusiedl
https://de.wikipedia.org/wiki/Rothneusiedl
https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Haschahof
https://www.wienerlinien.at/media/files/2017/oberflaechennetz%20u1-verlaengerung_214361.pdf